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Der Schlossplatz Palast der Republik

ZWISCHEN PALAST NUTZUNG

Schlossplatz: Im Palast der Republik, Berlin-Mitte

Johanna Lemke
Landschaftsplanerin
Berlin

Auf den provisorischen Treppenaufgängen, außen an der Fassade des todgeweihten Palastes, auf dem Weg zum "Volkskammersaal" schieben sich sofort alte Bilder und Erinnerungen vor das geistige Auge. Jugendweihestunden und -fotos mit der ganzen Klasse und ihrem Lehrer vorm marmorverkleideten Palast-EG, damals, 1986.

Im Saal, dessen Lage und Höhe jetzt nur noch durch den vertikalen und horizontalen Stahl markiert wird, ist es ruhig, der Empfang auf einem Teppich, fast schon elegant und wichtig, wie in allen "großen" Häusern der Stadt. Der Akustik tut es jedenfalls gut.

Wo waren doch gleich die Dolmetscherkabinen - links oder rechts oder auf beiden Seiten? Na, dafür reichen die Erinnerungen dann nicht mehr. Nur für das Licht, das damals - im Gegensatz zu heute - den Raum enorm erhellte, der mir aus heutiger Sicht fast schon zu klein erscheint für den Sitzungssaal einer ganzen Regierung. Na, vielleicht steht seine Größe in einem guten Verhältnis zur Größe der nicht mehr existierenden Republik.

Inmitten des Gerippes der säuberlich abgenagten und präparierten Architektur kommt fast so etwas wie Hoffnung und Frohsinn auf über die Versuche, noch einmal und vielleicht nicht zum letzten Mal Leben in die Bude zu bringen.

Von August bis Oktober sollen im größten und spektakulärsten Skelett Berlins diverse Veranstaltungen, initiiert von ZWISCHEN PALAST NUTZUNG e. V., den Ort beleben, der mittlerweile neben dem politischen Rummel durch die Tonkrieger ein Spektakulum ist.

Dabei wurde anscheinend an alles gedacht, was in einem ehemaligen Haus für Politik und Feierei zu finden war, nur das die Politik heute eben eher vorm Haus als drinnen stattfindet und das Objekt an sich heutzutage für mehr Gesprächsstoff sorgt, als vermutlich in seiner gesamten DDR-Existenz.

Nach einem großen Fest zur Eröffnung der fast 3 Monate andauernden Party von ZWISCHEN PALAST NUTZUNG e. V. wird der Besucher u. a. mit Richtfest, Bal Moderne für das Volk, einer von Sasha Waltz choreographierten Raum-Erkundung, einem begehbaren Film und einer Architekturkonferenz beglückt.

Führungen durch das Haus, das nicht nur in den alten Erinnerungen tatsächlich noch eins ist und das mit seiner gewaltigen Konstruktion beeindruckt und durchaus ein wunderbares Museum für Stahlskelett- und Industriearchitektur abgeben würde, werden angeboten.

Bemerkenswert und besonders stark verbunden mit der Idee des Programms ist das Shrinking Cities Music Festival. Vorbilder für die Nutzung leerstehender (Industrie)-Gebäude finden sich in vielen ehemaligen Industriestädten Europas und Amerikas, beispielsweise in Manchester, Liverpool und Detroit, die dem Niedergang der regionalen Industrie makabererweise eine äußerst beeindruckende architektonische Kulisse, urbane Atmosphäre und Musikszene zu verdanken haben, was aus eigenen Erlebnissen und Eindrücken in eben den genannten englischen Orten von der Autorin nur bestätigt werden kann. Zu diesem Thema wird es also, parallel zur Ausstellung "Schrumpfende Städte" im KW - Institute for Contemporary Art, Berlin - ein kleines Musikfestival geben. Neben Musik werden auch Gesprächsrunden angeboten, u. a. mit Dave Haslam, dem Autor des Manchester-Buches, der wohl wie kein anderer Manchesters Musikszene und ihre Architektur kennt und in seinem Buch in Verbindung brachte. Genaues zu Programm und Terminen gibt es unter:
www.shrinkingcities.com.

Wichtig bei allen Veranstaltungen, die größtenteils im Foyer bzw. auf der "Festebene" (1. OG) stattfinden werden, ist die Sicherheit der Gäste, die durch Experten einer Firma in Zusammenarbeit mit der Bauaufsicht und der Feuerwehr gewährleistet wird. Für die Einrichtung diverser technischer Sicherungsanlagen gibt es private Sponsoren. Die Veranstaltungen selber werden zum größten Teil mit Hilfe verschiedener Kulturfonts gefördert.

Und so können wir uns auf ein rauschendes Fest in einem rundum gesicherten Gebäude freuen. Ob seine Existenz allerdings dadurch nachhaltig gesichert ist, bleibt abzuwarten. Es wäre wirklich schön, wenn das Geldfass der Republik plötzlich keinen Boden und somit keinen Inhalt mehr hätte. So was sind wir doch hier schon gewöhnt, und es wäre nicht mal eine Umstellung für die Berliner. So einfach ist das manchmal.

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