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Feuilleton online Elisabeth Christine (1715-1797) - Preußische Königin, Gemahlin Friedrich II.


Königin Elisabeth Christine. Detail, Gemälde von Antoine Pesne, 1740/1741, Öl auf Lwd., SPSG- Hs. Hohenzollern, ehem. Hohezollern-Museum.

Foto: Anne Schäfer-Junker

 

 




Eine schöne Idee: Blumengebinde zur Festveranstaltung anläßlich des 300. Geburtstages von Königin Elisabeth Christine. Ausblick in den heutigen Garten von Schloss Schönhausen.

Foto: Anne Schäfer-Junker


v. l. n. r.: Matthias Köhne, Bürgermeister von Berlin-Pankow; Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg.

Foto: Anne Schäfer-Junker

 



Blumengebinde zur Festveranstaltung im Festsaal mit seiner Rokoko-Anmutung, anläßlich des 300. Geburtstages von Königin Elisabeth Christine.


Foto: Anne Schäfer-Junker

8.11.2015 / Anne Schäfer-Junker

Copyright: Anne Schäfer-Junker, Berlin-Französisch Buchholz
Nicht nur FRAUENSACHE!

Zum 300. Geburtstag der preußischen Königin Elisabeth Christine (1715-1797)

E. C. – Königin Elisabeth Christine, die Gemahlin Friedrichs II., ihr Leben und Wirken wird erstmals in der jetzigen Ausstellung FRAUENSACHE im Theaterbau von Schloss Charlottenburg durch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gewürdigt.

Schloss Schönhausen erfährt seit seiner Restaurierung und Wiedereröffnung 2009 durch erlebnisreiche Veranstaltungen umfassende neue Bekanntheit. Am Sonntag (8.11.2015) wird der Grande Dame, Humanistin und Schriftstellerin an der Seite des preußischen Königs Friedrich II. mit Werken von Mozart und Rosetti im Schloss Schönhausen festlich gedacht.

Das ist eine seit langem erwünschte Würdigung, denn die erste nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1997 in der Pankower Kirche „Zu den Vier Evangelisten“ in Alt-Pankow war zugleich bisher die einzige, zudem mit einer Ausstellung des Panke Museums. Festredner damals: Hanna-Renate Laurien, Parlamentspräsidentin a. D. und der damlige Superintendent, Pfarrer Werner Krätschell sowie Alex Lubawinski als Bezirksstadtrat von berlin-Pankow.

Zeitschichten und Spolien des Gartens und Schlosses Schönhausen von E. C.

Schloss Schönhausen gilt nicht nur als Namen gebend für die Schönhauser Allee, bereits im 18. Jahrhundert als Verbindungsachse in nord-südlicher Richtung zum Berliner Schloss. Es war eine Schenkung an sie von Friedrich II., verbrieft in einer Schenkungsurkunde vom 3.8.1740. Rund 50 Jahre lang waren Schönhausen und die umliegenden Dörfer ihr bevorzugter Sommer-Aufenthaltsort

Die verdienstvolle Sanierung von Schloss und Gartens Schönhausen durch viele Beteiligte in nur 5 Jahren und die nachfolgende Eröffnung im Jahre 2009 führten im 21. Jahrhundert zur publizistischen Vertiefung und Neubetrachtung der Lebensgeschichte von E. C. und ihrer Rolle als preußische Königin (1740-1786). Erstmals im Friedrich-300-Jahr 2012 analysierte Dr. Alfred Hagemann das gesamte Tätigsein der Königin von Preußen – einer Welfin aus dem Hause Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern – mit einem erstaunlichen Ergebnis. Durch eine Auswertung der Hofberichterstattung in 26 Jahrgängen der Berlinischen Privilegierten Zeitung zwischen 1740 und 1786 konnte er neue Einblicke in den Hofalltag unter Friedrich II. gewinnen.

http://www.perspectivia.net/publikationen/friedrich300-colloquien/friedrich-hof/Hagemann_Zeitung


Mathias Gebauer, Fachbereichsleiter Gärten der SPSG in Rheinsberg, schildert die insektenartenreichen Bewuchse der Linden und Eichen.
Foto: Anne Schäfer-Junker
 
Monika Deißler, Gartendenkmalpflegerin, erläutert die Gartengestaltung in  mehreren Jahrhunderten, bspw. mit der Skizze von Christoph Pitzler, 1695, auf der Tafel rechts oben, die Marc Jumpers, Volontär, hält.

Foto: Anne Schäfer-Junker
 

Oberer Teil der Königs-Eiche am Ort des ehemaligen Labyrinths im Schlosspark Schönhausen (heute innerer Schlosspark)

Foto: Anne Schäfer-Junker

Biologische Spolien: Linden aus der Zeit des Gartens von Elisabeth Christine

Anläßlich ihres Geburtstages soll ein besonders schönes Thema in ihrem Leben berührt werden: ihr immerwährendes Interesse am Garten und Park von Schloss Schönhausen mit neuer Gartengestaltung in barocker Manier und großen Garten- und Lichterfesten. Mathias Gebauer, Gartenbereichsleiter von Schloss Rheinsberg/SPSG, und Gartendenkmalpflegerin Monika Deißler/SPSG, kennen Elisabeth Christines Garten gut und führen durch dieses gartendenkmalpflegerisch wieder bestens betreute Refugium an der Panke in Niederschönhausen.

200 Jahre alte Linden aus der Zeit von Elisabeth Christine sind in der Linden-Alleen im Garten erhalten – sie geben den vorhandenen Fledermäusen als lineare Elemente Halt. Die Bäume der Alleen im Schlossgarten zeichneten sich durch schnelles Wachstum aus und bildeten einen aufrechten Wuchs. Fledermäuse lieben Alleen. An diesen Ur-Bäumen lebt zudem der streng unter Naturschutz stehenden Eremit, ein Käfer einer Urwaldreliktart, Zeugen unserer Waldgeschichte.

Ein zur Unterhaltung gepflegtes Labyrinth aus Hecken oder Bäumen war auch im Park von E. C. vorhanden. Dort stand im Mittelpunkt eine eingerüstete Eiche – die sog. Königseiche – um von oben in das Labyrinth schauen zu können. Diese Eiche ist heute mit verschiedenen Totholzstrukturen noch erhalten. Alte Eichen sind das wichtigste Areal für holzbewohnende Käferarten und haben daher eine besondere Bedeutung für den Käferschutz.

Eichen im Park von Schloss Schönhausen sind auch der Lebensraum des Heldbockes, ein im Verborgenen lebender holzbewohnender Großkäfer, der schon 1787 hier vorhanden war. Heute sind 6 – 7 Eichen vom Heldbockkäfer bewohnt. Für den heutigen inneren Bereich des vom großen Schlosspark an der Panke abgetrennten Park- und Gartenteiles gibt es nunmehr ein Gehölzekonzept. Das ehemalige Labyrinth und die Eichen werden in den nächsten Jahren wieder aufgewertet.

Das macht deutlich, welche Sorgfalt und Denkmalkultur heute Bestand hat. Gartendenkmalpflegerin Monika Deißler zeigt die Gartenskizze von Christoph Pitzler von 1695, und erklärt die halbrunden Mauerreste der Orangerie, die1816 abgebrochen wurde. Diese stammen noch aus der Zeit Ernst von Grumbkow’s Schloss-Erbauung. Hier ließ E. C. das alte Orangeriehaus in ein Hofdamenhaus umbauen. An Ihre „schnatternden Hofdamen und Nichten“ erinnert während der Gartenbegehung die charmante Hofdame Sophie von Brand, alias Nicola A. Spehar.

Zu Zeiten E. C. wurden Myrthen, Zypressen, Oleander, Feigen, Granatäpfel, Pomeranzen gezogen. Hinter der Orangerie befand sich ein Fasanengarten, der im Siebenjährigen Krieg zerstört wurde. Nach ihrer Rückkehr aus der Festung Magdeburg ließ E. C. einen Kräutergarten anlegen. Treibhäuser, eine Meierei für Milchwirtschaft kamen ebenfalls dazu. 1770 bemerkt sie: „Spaziergang zum Küchengarten und auf dem Rückweg gespeist.“ Man zelebrierte das ländliche Leben.

Lebendige „Spolien“: die Seidenraupen

Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, die Hugenotten, pflanzten im 17. Jahrhundert großflächig Weiße Maulbeerbäume (morus alba) für die Produktion von Seide an, deutsche Fürsten bauten eine eigene Seidenproduktion auf. Die systematische Förderung der Seidenindustrie begann unter Friedrich II. mit Subventionen und leider zu wenig Fachkenntnissen im komplizierten Umgang mit den Seidenraupen. Für 20.000 Raupen waren 200 Arbeitsstunden nötig. Um 1800 kam es zu einer Seuche unter den Seidenraupen. Napoleon ließ auf seinem Kriegszug die Maulbeerbäume in Deutschland abhauen um sich der Konkurrenz der französischen Seidenindustrie zu entledigen. Prachtexemplare von Maulbeerbäumen befinden sich heute in Pankow auf dem Kirchhof Blankenburg und dem Dorfkirchhof Heinersdorf.

Mathias Gebauer zeigt lebende Seidenraupen und erklärt wie empfindlich sie sind und wie kompliziert ihre Zucht ist, bzw. die gesamte Seidenproduktion.


Seidenraupen-Kokon aus der Rheinsberger Zucht von Mathias Gebauer.

Foto: Anne Schäfer-Junker

 

Lebende Seidenraupen - morus alba, mitgebracht von Mathias Gebauer. Sie dienten der Seidenproduktion in Preußen.
Foto: Anne Schäfer-Junker
 



Königs-Eiche am Ort des ehemaligen Labyrinths im Schlosspark Schönhausen (heute innerer Schlosspark)
Foto: Anne Schäfer-Junker

Der Schlossgarten Schönhausen ist eine der interessantesten Anlagen Berlins, denn er präsentiert in seiner exquisiten Gestaltung und Ausstattung die wechselvolle Geschichte der Anlage vom Barock- und Landschaftsgarten bis zum Präsidentengarten Wilhelm Piecks. Heute trägt er das Erscheinungsbild eines Gartens der Moderne.

An ihrem 300. Geburtstag bin ich zuversichtlich: E.C. hätte ihre Freude an den alten Platanen und den schönen, wieder aufgefundenen braunen Tongefäßen der Marwitzer Keramikerin Hedwig Bollhagen – auch wenn kein schmückendes Rokoko-Beiwerk mehr zur Mode zählt. Sie lustwandelte sicher genauso amüsiert mit ihren Hofdamen durch den Park, wie das gelegentlich heute im Sommergarten von Nicola A. Spehar nachempfunden wird.

Auf der Spurensuche nach Fakten aus dem Leben der Königin Elisabeth Christine in Schönhausen, Rosenthal, Französisch Buchholz, Karow und Buch veröffentlichte die die Autorin dieses Beitrages, ehrenamtl. Ortschronistin von Französisch Buchholz, 2013 in der Edition Aujourd’hui das Buch „SINNESFREUNDE im Leben von Elisabeth Christine. Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg, Preußische Königin 1740-1786.“. Sechs ihrer noch erhaltenen Briefe an ihren Gemahl, übersetzt aus dem Französischen von Heidrun Meier-Ewert, sind faksimiliert in diesem Buch erstmalig wiedergegeben. Die Lebenszeit von E. C. fällt in tief greifende Prozesse des Wandels von Wissenschaft und Politik. Die mit großen Opfern und Intrigen verbundene Entstehung von d’ Alemberts und Diderots Enzyklopädie in Frankreich ist dafür ein bedeutendes Beispiel. Befreiungsversuche aus feudalem Denken auf vielen gesellschaftlichen Ebenen in den europäischen Ländern kennzeichneten das 18. Jahrhundert in dem Elisabeth Christine lebte - auch das Jahrhundert Voltaires genannt.

E. C. war sich der Aufmerksamkeit der Geistesgrößen ihrer Zeit sicher. So besuchte D’Alembert sie in Schönhausen am Sonntag, 17. Juli 1763, nachmittags, von Charlottenburg kommend. Vor seiner Abreise nach Paris, als bevollmächtigter Minister des Königs am Französischen Hofe, wurde er von ihr mit einer kostbaren goldenen Tabatiere beschenkt. (B.N. v. St. u. g. S., Nr. 86 b. 19. Juli 1763)

http://www.pankower-allgemeine-zeitung.de/2013/12/17/sinnes-freunde-im-leben-von-elisabeth-christine/


Hofdame Sophie von Brand, alias Nicola-A-Spehar vor Initialen der Königin E. C.
Foto: Anne Schäfer-Junker
 

Der Schlossgarten Schönhausen, 1764, unbekannter Maler. Rote Folie: Gartenplan im 21. Jahrhundert.
Foto: Anne Schäfer-Junker
 

Im Garten des Schlosses Schönhausen. Der Teepavillon liegt auf der ehemaligen Mittelachse des Parkes.
Eichenallee mit Teepavillon. Architekt: Hans Grotewohl, 20. Jahrhundert;

Foto: Anne Schäfer-Junker
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